Der Schwerpunkt des schriftstellerischen Schaffens von Gertrud Fussenegger liegt neben lyrischen Stücken in der Verarbeitung historischen Materials, meist in Form von Romanen und Erzählungen, zu denen sich in den letzten Jahren Essays, Werke für Kinder und einige Biographien gesellen. Das vollständige Literaturverzeichnis ist in chronologischer Reihenfolge gehalten.

Mit ihrer Erzählform und den Inhalten ihrer Werke haben sich bereits verschiedene Dissertationen beschäftigt:

Das Christliche im Romanwerk Gertrud Fusseneggers, 1987, von Regina Pintar
Die Erzählkunst Gertrud Fusseneggers, 1972, von Christian E. Winkler

 

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Werke

1937 Geschlecht im Advent. Roman aus deutscher Frühzeit

Potsdam, Rütten & Loening 1937; Neuausgabe Salzburg, Müller 1953

Der Roman spielt im Südtirol des 9./10. Jahrhunderts und schildert einen Bevölkerungskonflikt anhand einer einheimischen Familie: eine Mutter, die gleichzeitig die Gaufürstin ist, steht zwischen ihren beiden um die Herrschaft streitenden Söhnen. Nach langwierigen Querelen müssen sich sowohl die um 600 eingedrungenen Bajuwaren als auch die stärker werdenden ursprünglich ansässigen Rhätoromanen am Ende dem Reich Ottos des Großen beugen.

 

1937 Mohrenlegende

Mit Zeichnungen von Horst Schätzle. Potsdam, Rütten & Loening 1937; Neuausgabe Stuttgart, Engelhorn 1986; Freiburg, Bürkle 1995

In ein einsames Tiroler Bergdorf verirren sich ein Kreuzfahrer und sein kindlicher Begleiter. Nach dem Tod des Kreuzfahrers entdeckt man in dem Begleiter hinter der bis dahin getragenen Ledermaske einen Schwarzen aus dem Morgenland. Während der Pastor sich schützend vor ihn stellt, verfolgt ihn das Dorf mit einer Mischung aus Angst, Haß und Verachtung. Nach einer Zeit der Demütigung rächt er sich und will mit einer grausamen Tat zu dem bösartigen Wesen werden, für den ihn das Dorf ohnehin hält. Erst die Begegnung mit den Drei Heiligen Königen nach Weihnachten öffnet plötzlich allen die Augen: denn der prächtigste ist ein Schwarzer.

Die zeitgenössische Presse urteilte so:

"Die Tiroler Erzählerin hat es verstanden, das empfindende Gefühl durch die zartbewegte Darstellung eines ergreifenden kindlichen Schicksals zu erregen. Die Rührung, die von der Geschichte ausgeht, ist ein reines menschliches Gefühl." (Rezension der Frankfurter Zeitung, 30. Mai 1937)

"Ein einfaches namenloses Geschehen aus einer alten toten Zeit. Allein das Menschenherz schlägt darin so lebendig, daß ein Lichtstrahl ewiger Wahrheit aus der Mohrenlegende aufleuchtet und uns, wenn er unser Zeitbild trifft, erschüttert." (Rezension der Münchner Zeitung, 17. Juni 1937)

Da gerade dieses Werk genutzt wurde, um die Autorin noch heute in Verruf zu bringen, noch eine Anmerkung: entgegen der Behauptung, dieses Werk sei ein "Nazi-Machwerk" gewesen, ist es vielmehr vom hierfür zuständigen Amt Rosenberg mit folgendender Begründung abgelehnt worden: "Der Natur, dem Blute entgegen gipfelt die Legende in dem Satz: "Sie sind einander alle gleich". Katholischer Glaube fordert, dass dies geglaubt werden muss. Je mehr der gesunde Verstand und die Stimme des Blutes sich wehren, je widersinniger der Gegenstand des Glaubens, desto grösser wird der (sic) Verdienst dessen, der den Glauben aufbringt. Eine Widerlegung dieses Satzes erübrigt sich. Das Buch muss abgelehnt werden."

 

1939 Der Brautraub

Erzählungen. Potsdam, Rütten & Loening 1939

 

1939 Eines Menschen Sohn

Erzählung. Mit einer autobiographsichen Skizze der Verfasserin und Holzschnitten von Fritz Richter. Leipzig, Reclam 1939, Neuauflage 1943

 

1940 Die Leute auf Falbeson

Erzählung. Jena, Diederichs 1940; Neuausgabe Wuppertal/Zürich, Brockhaus 1990

 

1941 Gericht auf Hochlapon. Ein Film.

Mitverfasserin Franziska Kinz. Zeichnungen von Leo von Welden. Leipzig, Reclam 1941

 

1942 Zwischen Prag und Wien

Reisebericht

 

1943 Eggebrecht

Erzählungen. Jena, Diederichs 1943

Neuauflage: Eggebrecht. Fünf Erzählungen und andere Texte. Steyr, Ennsthaler 1992, 2. Auflage 1994

 

1944 Böhmische Verzauberungen

Reisetagebuch. Jena, Diederichs 1944

 

1948 Die Brüder von Lasawa (1. Teil der "Böhmischen Trilogie")

Roman. Salzburg, Müller 1948; Neuausgabe München, dtv 1988; Stuttgart, Quell 1996

Mitten in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges ist der Konflikt zwischen zwei Halbbrüdern, Christof und Zdenko, angesiedelt. Ungewollt werden die beiden zu Rivalen bezüglich ihrer Güter und in der Liebe, doch trotz des tragischen Verlaufes endet der Roman mit einem positiven Ausblick.

Über den Motivumbau dieses Romans berichtet die Autorin: "Der Grundentwurf zu meinem Roman...sah kein Brüderpaar, sondern zwei Vettern vor, einen Preußen und einen Österreicher; die, so stellte ich es mir vor, einander in den Kriegen gegen Napoleon begegnen. Ich begann den Roman 1936, ließ ihn aber bald liegen. Noch vor Beginn des Krieges, 1937, aber bereits beunruhigt von dem desaströsen Tempo, das die laufenden Weltereignisse angenommen hatten, versuchte ich mich in einem Neubeginn. Ich rückte die beiden Protagonisten in eine engere, darum auch schicksalsträchtigere Konstellation zueinander, indem ich aus Vettern Brüder machte, und ich verlegte das Geschehen in den Dreißigjährigen Krieg, der mir der eigenen Zeit ähnlicher schien als die Epoche der immerhin glückhaft endenden Freiheitskriege. Da sich mir die aktuelle Lebenszeit verdunkelte, verdunkelte sich auch der Hintergrund, auf den ich meine Geschichte auftrug. Im großen Brand von Magdeburg erschien mir etwas wie ein bedrohliches Menetekel auch für das "größere Magdeburg", Hitlerdeutschland..."

Leseprobe:

Mit Zdenko sprach er, obwohl sie fast den ganzen Tag miteinander verbrachten, sehr wenig. Er hatte es in jener ersten Stunde, da er ihn beim Ballspiel getroffen, nicht über sich gebracht, dem Endlich-Gefundenen zu gestehen, wie lange er ihn gesucht, wie viele Wege er um seinetwillen gemacht hatte, ja, daß er nur seinetwegen, um den Bruder zu gewinnen, den Perwög-Namen ausgeschlagen, das Muttererbe fortgeworfen, die Heimat verlassen habe. Er gab auf Zdenkos Frage, wieso er hieher nach Wien gekommen sei, eine beiläufige Antwort, als hätte ihn Abenteuerei und Laune und vielleicht noch ein Auftrutzen gegen die großväterliche Herrschaft zu dieser Wanderung verführt. Auch hatte er nicht gesagt, daß er in Lasawa gewesen, und schließlich auch die Fahrt mit dem wahnsinnigen Mädchen verschwiegen. Zdenko drang auch nicht mit Fragen in ihn. Nur sein Blick ruhte oft, verstohlen forschend, auf dem jüngeren Bruder. Hie und da erkundigte er sich nach dem Handel, nach den Bräuchen der Landleute und Bürger in Tirol. Er war auf einer Fahrt einmal durch das Inntal gekommen, hatte sogar in Hall gerastet und daran gedacht, daß sein Vater hier eine zweite Frau genommen habe. "Und du bist nicht zu uns gekommen?" fragte Christof.

 

1949 Das Haus Falkenberg

Drama.

Dieses Bühnenstück ist noch nie aufgeführt worden.

 

1949 ...wie gleichst du dem Wasser

Erzählungen. München, Hanser 1949

 

1951 Das Haus der dunklen Krüge (2. Teil der "Böhmischen Trilogie")

Roman. Salzburg, Müller 1951; Neuausgabe Stuttgart, DVA 1958; München, Kraft 1974; Bergisch Gladbach, Bastei-Lübbe 1980

Nach einem Zufallsfund in einem bis dahin verborgenen Keller des Stammhauses der Familie Bourdanin ist der Roman benannt: jahrhundertelang verrotteten die Krüge in einem längst vergessenen, aber noch mit Wasser gefüllten Brunnen. Die mit der Bier-Brauerei in Pilsen und einem Glücksfall reich gewordene Familie und deren Höhen und Tiefen ist eingebettet in den historischen Hintergrund zwischen ca. 1840 und 1880 in Böhmen. Dieses Werk wurde in der Presse als die "Böhmischen Buddenbrooks" bezeichnet und erinnert in seinen Milieustudien an den französischen Schriftsteller Balzac. Die Autorin selbst bezeichnet diesen Roman als "mein böhmisches Hausbuch".

Leseprobe:

Nach ein paar Wochen hatte sich das große Erdbeben beruhigt. Der Bankrott war hier in der Provinz kein so vollständiger gewesen wie in den Hauptstädten, weil hier auch der vorausgegangene Gewinn nicht zu so schwindelhaften Höhen aufgestiegen war, wie dort. Herr Buchta, der Gründer der von Wanka zuvor so warm empfohlenen und jetzt insolvent gewordenen Gesellschaft "Buchta & Septimus", hatte versucht, sich samt Frau und Kind in seiner Villa am Lochotin zu vergiften. Aber er war noch zur rechten Zeit aufgefunden und samt den Seinen gerettet worden. Etwelche Verlobungen wurden gelöst, einige allzu üppige Winkelspekulanten waren gefängnislich eingezogen, aber gegen eine Kaution wieder freigelassen worden. Herr Wanka hatte einige Tage schlecht ausgesehen und war, einen zerdrückten Hut im Nacken, ziellos umherstreifend in der Gegend des großen Teiches gesichtet worden. Doch nach einer Frist stellte sich seine rosige Farbe wieder her, seine eingefallenen Wangen rundeten sich abermals und Frau Emma, die zärtliche Gattin, versicherte glückstrahlend, Wanka habe das Essen wieder so vorzüglich wie eh und je geschmeckt.

Vor allem aber, und dies gereichte zum allgemeinsten Trost, hatte das Bürgerliche Bräuhaus eine Erkläung verlautbart, daß es als wohlfundiertes Unternehmen von den Verlusten nicht getroffen worden sei und nach wie vor seine Dividenden ausschütten könne. Gottlob, sagten die Bräuberechtigten. Ehre dem wackeren Gambrinus! Es mochten Kriege verloren gehen, Welten erschüttert werden! Das gottgewollte Recht aber, Bier zu brauen und Bier zu trinken, konnte der Menschheit nicht beschnitten werden.

 

1952 Die Legende von den drei heiligen Frauen

Hamburg, Stichnote 1952

 

1954 In deine Hand gegeben

Roman. Düsseldorf/Köln, Diederichs 1954

 

1955 Iris und Muschelmund

Gedichte. Wien, Bibliophilen-Gesellschaft 1955

 

1956 Der General

Erzählung. Hamburg, Agentur des rauhen Hauses 1956

Auch in: Der Tabakgarten. DVA Stuttgart 1961

 

1957 Das verschüttete Antlitz (3. Teil der "Böhmischen Trilogie")

Roman. Stuttgart, DVA 1957, 4. Auflage 1983; TB München, dtv 1962, 6. Auflage 1993

Ein unaufgeklärter Mord in Nordböhmen war der Anlaß zu diesem Roman. Darin verwoben, ist es vor allem die Persönlichkeit und Lebensgeschichte des fiktiven, zu Unrecht als Mörder eingesperrten Arztes Viktorin Zeman, dessen innere Verfassung am Ende zu einem weiteren Mord führt. So ist dieses Buch nur im weitesten Sinne auch ein Kriminalroman, vielmehr aber eine dichte Beschreibung der Psychologie eines Mannes, der dem Leser auf erschreckende Weise vertraut wird.

Leseprobe:

Seit jener Fahrt nach Lischa war sein Gewissen nicht mehr rein. Er hätte, um ehrlich zu bleiben, Anzeige erstatten müssen. Statt dessen hatte er sich bezahlen, einen Wucherpreis bezahlen lassen. Mit den zweitausend Kronen in der Tasche war er ins nächste Wirtshaus gestürzt, hatte sich dort eine Mahlzeit bestellt, die erste ordentliche Mahlzeit nach Tagen. Erst, als er die Banknote zur Bezahlung wechseln ließ, hatte er begriffen: jetzt hatte er den Mühlstein angenommen, der ihm an den Hals gebunden war. Jetzt blieb ihm nichts weiter übrig als darauf zu warten, daß er ihn in die Tiefe zog.

 

1959 Südtirol

Mit 32 Bildtafeln. München, Knorr & Hirth 1959

 

1960 Zeit des Raben, Zeit der Taube

Roman. Stuttgart, DVA 1960; Neuausgabe Freiburg/Heidelberg, Kerle 1974; Bergisch Gladbach, Bastei-Lübbe 1985

Abschnittweise wird abwechselnd die Lebensgeschichte des französischen Dichters und Mystikers Léon Bloy und der Naturwissenschaftlerin Marie Curie-Sklodowska, die zusammen mit ihrem Mann das Radium und dessen Strahlung entdeckte, erzählt.

Die Problematik des Schreibens bei diesem Roman bschreibt die Autorin folgendermaßen: "Für meinen Roman...hatte ich mich in ganz andere Bedingungen einzuleben. Da war nicht die Ferne der Zeit so sehr zu überwinden als die räumliche und nationale Entfernung: Auf der einen Seite das Périgord und Paris, auf der anderen das (damals noch kaum erreichbare) Warschau, die polnische Provinz und - eine weitere Kategorie: Das chemische und physikalische Labor, die wissenschaftliche Problemfrage der damaligen Zeit. Ich hatte mich mit der Vorgeschichte und Frühgeschichte der Atomphysik zu befassen, so genau zu befassen, daß ich selbst allenfalls fähig gewesen wäre, von mir aus einen Apparat zu bedienen oder ein Experiment nachzuvollziehen. Leichter fiel es mir, in die Gedankenwelt Léon Bloys einzudringen, mich in seine mystischen Visionen vom Ende der Welt einzuleben...Trotzdem blieben viele Klippen zu überwinden, bis sich mir die Lebenswelten zweier so verschiedener Protagonisten wie Bloy und Marie Curie erschlossen."

Leseprobe (Marie Curie fährt während des Ersten Weltkrieges mit einer mobilen Röntgenstation von einem Lazarett zum nächsten):

Der Fahrer fährt mit dem Finger durch die schwarze Schmiere. "Ich hab´s ja gewußt - da! Sehen Sie selbst! Aus ist´s mit Nixéville heute nacht, Madame." Marie setzt sich auf das Trittbrett des Wagens. Sie sagt kein Wort mehr. Sie kämpft gegen einen Anfall von Schwäche.

Der alte Mann nähert sich ihr. "Kommen Sie rein, Madame. Ich bin allein im Haus, Sie können sich ausruhen." Marie schüttelt den Kopf. Jetzt stehen alle vier um sie herum. "Was hätte es denn noch für einen Zweck weiterzumachen, Madame? Und selbst wenn wir hinunterkämen in dieses verdammte Nixéville - könnten Sie jetzt noch arbeiten?"

Marie hebt die Achseln. Sie weiß nicht, was sie kann. Sie hat immer noch gekonnt, wenn es sein mußte. Und es hat immer sein müssen.

Das Malmen der Schlacht ist näher denn je.

 

1961 Der Tabakgarten. Sechs Geschichten und ein Motto

Erzählungen. Stuttgart, DVA 1961

Leseprobe (Der Tabakgarten):

Dann jedoch trat ein, woran sich jeder erinnern wird, der damals einen Garten oder ein Feld zu bestellen hatte: in einer Reihe trockener Sommer war jener Sommer der trockenste. Zu allen anderen Plagen kam die Plage der Dürre über unser Land. Wochenlang fiel kein Regen, über den halbzerstörten Städten kochte die Hitze. Jeden Nachmittag erhob sich ein glühender Wind, er trieb den roten Ziegelstaub von den Trümmerstätten hoch, der Staub quälte unsere Kehlen und unsere Lungen. Die Brunnen versiegten, und die Behörden gaben den Erlaß heraus, daß Gärten und Rasen - bei hoher Strafe - nicht mehr aus den nur noch unergiebig fließenden Leitungen besprengt werden dürften.

Wir Gartenleute trauerten. Der eine oder andere ließ es sich nicht nehmen, ein Tönnchen voll Wasser aus dem Fluß heraufzukarren. Den meisten war das zuviel Mühe. Sie, die kühleren Köpfe, rechneten richtig, wenn sie sagten, sie könnten so viel Kraft nicht an das lumpige Grünzeug vergeuden. So müsse es eben verdorren.

 

1963 Die Reise nach Amalfi

Hörspiel. Stuttgart, DVA 1963

 

1963 Die Nachtwache am Weiher und andere Erzählungen

München, Claudius 1963

 

1967 Marie von Ebner-Eschenbach oder Der Gute Mensch von Zdißlawitz. Ein Vortrag.

Vorwort von Clemens Graf Podewils. München, Delp 1967

 

1968 Die Pulvermühle

Kriminalroman. Stuttgart, DVA 1968; TB München, dtv 1980, 8. Auflage 1993

 

1970 Bummel durch Salzburg

Mit Farbphotos von Robert Löbl. München, Süddeutscher Verlag 1970

 

1972 Bibelgeschichten

Kinderbuch mit Bildern von Janusz Grabiansky

Wien/Heidelberg, Ueberreuter 1972, 3. Auflage 1991 mit Bildern von Christine Krais

 

1974 Widerstand gegen Wetterhähne. Lyrische Kürzel und andere Texte

Stuttgart, DVA 1974

In diesem Band finden sich Gedankenlyrik ebenso wie Natur- und Erlebnisdichtung sowie klare Bekenntnisse gegen eine opportunistische Haltung.

 

1974 Sprache

Lyrik. Bad Goisern, Neugebauer Press 1974

Gedicht aus "Widerstand gegen Wetterhähne" (1974)

 

1976 Eines langes Stromes Reise. Die Donau: Linie, Räume, Knotenpunkte

Stuttgart, DVA 1976; TB Berlin, Moewig 1981

 

1976 Der Aufstand

Libretto zu einer Oper von Helmut Eder. Linz, Oberösterreichischer Landesverlag 1976

Die Oper erzählt den Aufstand der oberösterreichischen Bauern im Jahre 1626. Thematisiert wird der durch den Zusammenbruch der bestehenden grundlegenden Ordnung entstehende Freiraum für Willkür und Gewalt, bevor eine neue Ordnung entsteht.

 

1977 Der große Obelisk. Gedanken und Erfahrungen beim Lesen und beim Reisen

Essays. Salzburg, Residenz 1977, 2. Auflage 1978

 

1979 Fenster

Fotografien von Johann Kränftner. St. Pölten, Niederösterreichisches Pressehaus 1979

 

1979 Ein Spiegelbild mit Feuersäule

Autobiographie. Stuttgart, DVA 1979, 2. Auflage 1994; TB Berlin, Ullstein 1982, 2. Auflage 1987

Der Lebensbericht der Autorin beginnt in ihrem Geburtsjahr, 1912, und endet mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1945. Neben dem persönlichen Schicksalsbericht, der in schwierige Zeiten fällt und nicht immer geradlinig verläuft, beschreibt Gertrud Fussenegger die verschiedenen bürgerlichen Milieus in Böhmen (Pilsen, wo sie geboren wurde, und Neu-Sandez) und Österreich.

Leseprobe:

Ich fluchte dem Krieg, der da als silberfunkelnder, hundertfach geflügelter und geschwänzter Drache schräg über mir im sonnigen Blau dahinzog, satanisch schön. Aber ich fluchte auch dem Frieden, der uns mit verlogenen Parolen und schmeichlerischen Entwürfen in einen verderblichen Traum gewiegt hatte. Ich fluchte der Glasglocke, in die mich die Liebe der Meinen gesetzt und in der sie mich verpäppelt und mit verzuckerten Illusionen genährt hatte. Diese Glasglocke war jetzt endgültig unter dem Schlag einer entsetzlichen Belehrung zerborsten. Ich sah unter den immer steigenden Erdfontänen, unter den Detonationsflammen und wirbelnden Trümmern die eigene Jugend mit allen ihren verwegenen Glückserwartungen und Ansprüchen in einem Malstrom von Dreck und Feuer vergehen. In mir war Haß, aber Haß nicht nur auf die Mächte der Vernichtung und die verbrecherische Narrheit, die diese Vernichtung auf uns losgelassen, sondern auch auf den Traum von bürgerlicher Sicherheit, in dem ich erzogen worden war, auf diesen Traum voll Hochmut und Selbstgewißheit, der jetzt unter dem Keulenschlag einer brutalen Erniedrigung endgültig in die Brüche ging.

Am 05.11.1979 veröffentlichte die F.A.Z. eine Rezension von Ulrich Weinzierl mit dem Titel: Das Kuschen war schuld - Gertrud Fusseneggers Lebensbericht. Wenn Sie eine Rezension zu diesem Buch lesen möchten, wenden Sie sich bitte per E-Mail an Frau Alexandra Maria Linder:

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1980 Maria Theresia

Biographie. Wien u.a., Molden 1980; Neuausgabe Stuttgart, DVA 1984; TB München, Goldmann 1988

Die Biographie dieser großen Herrscherin des 18. Jahrhunderts umfaßt ihr gesamtes Leben und durchleuchtet den politischen Werdegang und ihre historische Bedeutung ebenso wie ihre persönlichen Beziehungen und ihre Familie, die neben ihrem kaiserlichen Gatten Franz Stephan, den sie "mäusl" nannte, 16 Kinder umfaßte. Nach Auffassung von Frau Fussenegger ist uns Maria Theresia "deshalb heute noch so nah, weil diese Frau ein Stück Natur war, das Geschichte wurde; fruchtbar wie die Natur, zwar verletzlich, aber kraftvoll und regenerationsfähig wie die Natur, von unerschöpflicher vitaler Potenz und zarter Menschlichkeit zugleich."

Leseprobe:

Leider sollten die Kuriere nicht mehr viele Briefe zwischen den Schwestern hin und her zu spedieren haben. Zehn Monate nach ihrer Hochzeit erwartete Marianne ihre Niederkunft.

Mit Bangen, aber auch in zärtlicher Hoffnung fieberte Maria Theresia diesem Ereignis entgegen. "In diesen Tagen", schrieb sie, "wagte ich kaum mehr zu atmen." Seltsam bei dieser Frau, die fast jedes Jahr wohlgemut das Kreißbett bestieg, die sich kaum je über Beschwerden der Schwangerschaft, über die Schmerzen der Geburt beklagte! Um die Schwester zitterte sie. "Denn ich weiß, was eine Niederkunft bedeutet - und denke nur mit Schrecken daran." Gingen böse Ahnungen in ihr um?

Am 2. Oktober traten bei Marianne verfrüht die Wehen ein. Vier Tage quälte sie sich vergeblich. Am 5. Oktober empfing sie die Sterbesakramente, am 6. gebar sie ein totes Kind. Immerhin hofften die Ärzte, das Leben der jungen Mutter erhalten zu können.

Wieder stürzte Maria Theresia an den Schreibtisch, um die jüngere Schwester mit Zärtlichkeiten zu überschütten. So bitter die Totgeburt: Hauptsache ist und bleibt Mariannes Genesung. "Denken wir jetzt nur an Ihre Wiederherstellung und versenken wir uns nicht in traurige Betrachtungen. Gewiß wird uns Gott helfen..." Und im Nachsatz die Warnung: "Nehmen Sie sich kein Beispiel an mir, denn ich war immer nur zu glücklich bei meinen Entbindungen, mehr als ich es verdient habe."

 

1981 Pilatus. Szenenfolge um den Prozeß Jesu

Mit einem Rechenschaftsbericht der Autorin. Heidelberg/Freiburg, Kerle 1981; Musik von Cesar Bresgen

Der nachträglich noch einmal rekonstruierte Prozeß gegen Jesus Christus wurde bereits 1979 anläßlich des 10-jährigen Jubiläums des Carinthischen Sommers in der Stiftskirche Ossiach uraufgeführt und erschien zwei Jahre später in schriftlicher Form.

Während des aufgearbeiteten Prozesses erkennt Pilatus die historische und darüber hinausgehende Dimension seines Versagens als Richter und zerbricht letztlich daran.

Frau Fussenegger erhält diesen Auftrag im Jahre 1976 und lehnt zuerst ab: "Wenn es mir schon Unbehagen bereitet, einen Großen der Weltgeschichte auf der Bühne zu sehen, wieviel unbehaglicher wäre es mir gewesen, einen Jesus theatralisch zu realisieren...Noch weniger will ich einer Kreuzigung zusehen, nicht weil ich etwa die Grausamkeit leugnen oder verharmlosen will, sondern weil mir jede Passionsdarstellung an der Wucht und an den Schrecken eines solchen Vorgangs notwendigerweise und von vornherein zum Scheitern verurteilt schien." Schließlich nimmt sie den Auftrag an und konzentriert sich auf Pilatus: Er steht als Jesu Richter zwar dem Kreuz nahe, hält aber trotzdem eine gewisse Distanz.

 

1981 Kaiser, König, Kellerhals

Heitere Erzählungen mit Papierschnittdrucken von Franz von Zülow. Wien, Molden 1981

 

1981 Das verwandelte Christkind. Geschichten und Gedichte

Kinderbuch. Heidelberg/Freiburg, Kerle 1981; TB München, dtv 1987, 3. Auflage 1991

Neben der Mohrenlegende (1937) enthält dieser Band verschiedene Erzählungen (z.B. "Gesine weint") und Gedichte (z.B. "Trost in dieser Zeit")

 

1982 Echolot. Essays, Vorträge, Notizen

Mit einem Nachwort von Eugen Thurnherr. Linz, Oberösterreichischer Landesverlag 1982

In diesem Band findes sich u.a. ein Essay "Über die Menschenwürde"

 

1982 Die Arche Noah

Kinderbuch mit Bildern von Annegret Fuchshuber. Wien/Heidelberg, Ueberreuter 1982, 9. Auflage 1995

 

1983 Sie waren Zeitgenossen - und sie erkannten ihn nicht

Roman. Stuttgart, Quell 1995; TB München, dtv 1987

Das Werk beschäftigt sich intensiv mit dem Zeitraum zwischen Mai des Jahres 31 und Mai des Jahres 33, also den letzten beiden Lebens- und Wirkensjahren Jesu Christi. Die drei Teile Jochanaan, Der Sohn und Barabbas bestehen in der Verarbeitung aus einer Mischung zwischen authentischen Texten (z.B. Bibelstellen, Teile aus Flavius Josephus) und v.a. Briefen, die verschiedene Schreiber verfassen und erhalten.

"Ich wollte mich mit diesem Buch...der Gestalt Jesu Christi annähern, ohne sie doch zudringlich zu literarisieren. (Ein Unternehmen, das angesichts dieser Gestalt, wie ich glaube, von vorneherein scheitern muß.). Einen intellektuellen Griechen setzte ich ein, um Meditatives zu transportieren, einen dem Hellenismus zugeneigten vornehmen Juden..., um die mögliche Spaltung des orthodoxen Judentums anzudeuten; einen "Terroristen", um die Gärungen ins Bild zu bringen, die die Zeit bestimmten: Messiaserwartung und Haß gegen das römische Imperium... Mit dieser Rollenprosa gewann ich Distanz. Jesus Christus bringe ich kaum ins Bild, nur dreimal ganz schattenhaft, von ferne - und einmal Jesus als Kind. Mich ihm mehr anzunähern hätte ich nicht gewagt. Obgleich er natürlich die Achse des Entwurfs ist, ließ ich ihn hinter dem Horizont. Nur als das Inkommensurable sollte er gegenwärtig werden. Dieses Thema war das größte, letzte, dem ich mich nähern konnte. Ich glaube, dieses Buch wird auch mein letzter großer Roman bleiben."

Leseprobe:

Der Hellene Anisthenes schreibt in einem Brief an Pontius Pilatus: "...wichtiger ist, was sich unter dem Wellenspiel des Alltags in den tieferen Schichten des Volkes ereignet, welcher Art die hier begründeten und sich langsam, doch unaufhaltsam verbreitenden Gesinnungen sind, oft viele Jahre nur wenigen bekannt, von wenigen beachtet. Eines Tages aber beginnen sie zu wirken und sich zu verzweigen. Dann dauert es nicht mehr lange, daß sie die Welt verändern."

Am 12.10.1993 veröffentlichte die F.A.Z. eine Rezension von Jürgen Jacobs mit dem Titel: Das Dem gläubigen Gemüt eine Freude. Wenn Sie eine Rezension zu diesem Buch lesen möchten, wenden Sie sich bitte per E-Mail an Frau Alexandra Maria Linder:

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1983 Österreich

Mit 25 Zeichnungen von Alois Dorn. Geirin-Shobo Verlag, 1983. Mit japanischen Anmerkungen unf Erklärungen

 

1984 Uns hebt die Welle. Liebe, Sex und Literatur. Ein Essay

Wien, Herder 1984

 

1984 Der Teufel mit den drei goldenen Haaren. Märchen nach den Gebrüdern Grimm

Wien, Österreichischer Bühnenverlag 1984

 

1985 Der Zauberhain. Ein orientalisches Volksmärchen

Von Libuse Palecek. Deutsche Textfassung von Gertrud Fussenegger. Jugendbuch. Salzburg, Neugebauer Press 1985

Leseprobe:

Es waren einmal zwei Freunde, sie lebten in einem fernen Land am Rand der Wüste, wo nur noch Disteln und Dornen wachsen. Der eine hatte eine bescheidene Hütte aus Stein und Lehm und einen kleinen Acker, den er mit seiner Tochter Ubiana bebaute, denn seine Frau war ihm gestorben. Auch der andere hatte keine Frau mehr. Er wohnte in einem Zelt, denn er war Hirte und hatte eine Herde von Schafen. Mit seinem Sohn Asan weidete er seine Tiere dort, wo zwischen Sand und Steinen noch ein wenig Gras wuchs, und die Schafe gediehen. Sie gaben Wolle und Milch, aus der Milch machte Asan und sein Vater Käse und trugen Wolle und Käse dann und wann in die nahe Stadt, wo sie beides auf dem Markt verkauften. Den Brunnen aber hatten sie gemeinsam mit Ubianas Vater. So lebten die vier miteinander in guter Nachbarschaft.

Asan und Ubiana waren seit Kindestagen Spielgefährten gewesen. Nun, da sie groß geworden waren und die Zeit der Spiele vorüber war, hatten sie einander lieb gewonnen. Aber keiner sagte es dem anderen. Asan freute sich, wenn er Ubiana am Brunnen Wasser schöpfen sah, und Ubiana freute sich, wenn sie Asans Flöte hörte. Doch selbst diese Freude gestanden sie einander nicht ein.

 

1985 Dein Kreuz verkünden wir

Mit Kreuzwegbildern von Alois Dorn. Linz, Veritas 1985

 

1985 Freue dich, Christkind kommt bald

Kinderbuch mit Bildern von Piotr Stolarczyk. Wien/München, Annette Betz 1985

 

1986 Jona

Kinderbuch mit Bildern von Annegret Fuchshuber. Wien/München, Annette Betz 1986

 

1986 Gegenruf

Gesammelte Gedichte. Salzburg, Müller 1986

Ein Gedicht mit dem Titel "Etwas wie ein Gebet" ist Teil dieses Buches.

 

1987 Nur ein Regenbogen. Erzählungen aus fünf Jahrzehnten

Mit einem Nachwort der Autorin. Stuttgart, DVA 1987; TB München, dtv 1990

Leseprobe aus "Barmherzigkeit":

Auf der Straße bewegten sich drei Fahrzeuge. In dem ersten saß ein Bauer mit seiner Frau, seinen Kindern und seiner alten Mutter. Sie waren auf der Flucht, denn es war Krieg und Vernichtungszeit, und sie flohen vor der Vernichtung.

In dem zweiten Wagen saß ein Bursche, rotbackig, munter, in Sportrock und Mütze. Er fuhr in entgegengesetzter Richtung und auf die Fronten zu. In seinem Rock steckte ein Buch, in das er seine Erlebnisse eintrug, eine Kamera hatte er umgehängt, eine zweite lag auf dem Sitz neben ihm.

Im dritten Wagen saß ein älterer Mann mit seinem Fahrer. Beide waren in Uniform, sie gehörten einer der Armeen an, die hier Krieg führten. Der ältere Mann hatte zu Hause als Bankbeamter gelebt, jetzt befehligte er eine Truppe und war unterwegs zu ihr. Sein Haar war ergraut, seine Lider flatterten, er litt seit einiger Zeit an Schlaflosigkeit.

Die drei Fahrzeuge bewegten sich auf ein und derselben Straße, und alle drei kamen kurz hintereinander an ein und derselben Stelle vorbei.

Dort lag ein Mensch.

 

1988 Der vierte König

Mit Bildern von Herbert Friedl. Innsbruck, Tyrolia 1988, 2. Auflage 1990

 

1989 Der Goldschatz aus Böhmen. Erzählungen und Anekdoten.

Mit Illustrationen von Leo von Welden und einem Nachwort dazu von der Autorin

Salzburg, Müller 1989

 

1990 Michael

Bilder von Christine Oppermann-Dimow. Innsbruck, Tyrolia 1990

 

1991 Herrscherinnen. Neun Frauenleben, die Geschichte machten

Biographien. Stuttgart, DVA 1991, 4. Auflage 1992

Entscheidend für die Auswahl der herrschenden Frauen aus fünf Jahrhunderten war für die Autorin weder die Zahl der Regierungsjahre noch die der Untertanen. Exemplarisch werden Persönlichkeiten ausgewählt, deren persönlicher und politischer Werdegang aus weiblicher Sicht geschildert wird. Neben Elisabeth I. von England sind dies Christine von Schweden, die auf ihren Thron nach einigen Regierungsjahren verzichtete, die Zarinnen nach Peter dem Großen bis zu Elisabeth, die österreichische Regentin Maria Theresia (von der auch eine ausführliche Biographie derselben Autorin veröffentlicht ist), Königin Viktoria von England mit einer Regierungszeit von 62 Jahren und, als einzige nicht gekrönte Herrscherin, Indira Gandhi, die ein Volk von 500 Millionen Menschen regierte.

"Was mich an meinen "Herrscherinnen" faszinierte, war, daß sie doch allesamt nur deshalb auf den Thron kamen, weil kein männlicher Erbe greifbar war, als Ausnahmeerscheinungen also, als Übergangslösungen meistens. Und daß sie dann doch nicht selten, ja sogar in den meisten Fällen Schlüsselfiguren ihrer Zeit, ihrer Völker wurden. Ein bedeutsamer Vorgang!" Nach eigenem Bekunden war Viktoria eine "gräßliche Person", aber historisch betrachtet eben eine wichtige Persönlichkeit. Zu Christine von Schweden hat die Autorin einen besonderen Bezug, der mit der Konversion zum Katholizismus zusammenhängt, Maria Theresia liegt ihr als Ganzes sehr am Herzen. Am schwierigsten zu bearbeiten war das Leben Indira Gandhis: sich in diese fremde Kultur und Denkweisen hineinzuversetzen, gelang ihr nach ihrer Ansicht erst nach einer Indienreise, die einige Jahre hätte dauern müssen, um Indien ganz zu verstehen.

Leseprobe (Elisabeth I.):

Doch damit war die Gefahr keineswegs gebannt. Das wußte Elisabeth, und zu ihrem Glück begriff es auch ganz England. Es begann ein hektischer Wettlauf mit der, dank Drake, gewonnenen Zeit. In den Reedereien wurde ein Schiff nach dem anderen auf Kiel gelegt. Die Städte wetteiferten mit Krone und Adel. Hastig wurde Erz gefördert, wurden Kanonen gegossen. Die Pulvermühlen hatten Hochbetrieb. Da war kein Handwerk, das nicht mittat, kein Erfinder, Bastler und Mechaniker, der sich nicht irgendeine Verbesserung an Schiffen, Waffen und Ausrüstungen einfallen ließ. Das ganze Volk war wie von einem Fieber ergriffen, von dem einig flammenden Willen, die eigene Freiheit zu bewahren. Auch die Katholiken schlossen sich nicht aus. Auch sie schienen verstanden zu haben, daß das Leben unter ihrer "guten Königin Bess" seine erfreulichen Seiten hatte und daß es auf jeden Fall der Willkür einer Fremdherrschaft vorzuziehen sei. Vielleicht hätte sich die Nation um einen männlichen Herrscher, um einen König nicht in so einmütigem Eifer geschart. Vielleicht meldeten sich jetzt halb unbewußte Instinkte zu Wort, die das weilbliche Oberhaupt schützen, das "Mutternest" verteidigen wollten.

Eine "etwas andere" Rezension findet sich im Internet unter www.ceiberweiber.com, einer feministischen Website:

Befaßt frau sich mit historischen regierenden Geschlechtsgenossinnen, siehe da, plötzlich tauchen all die Eigenschaften auf, die ansonsten "männlicher Macht" zugeschrieben werden. (...) Bei manchen Herrscherinnen war die Ehe eine recht unbeliebte Einrichtung: sie dachten nicht daran, ihren dynastischen Pflichten nachzukommen und dem Reich Erben zu schenken. War doch auch die Erbfolge stets nur deshalb bei ihnen gelandet, weil alles irgend stammbaummäßig erreichbare Männliche gestorben war, ohne männliche Nachfolger zu zeugen. Die Herrscherinnen konnten sich unter ihren Höflingen bedienen und würden hinter vorgehaltener Hand Gegenstand derber Scherze, wenn sie alterten und immer jüngere Liebhaber nahmen. Diese Männer wurden oftmals, auch weil sie abenteuerlustig waren, mit Aufgaben betreut, die sie mehr oder weniger erfolgreich erledigten oder an denen sie scheiterten. (...)

Die Herrscherinnen erhielten zwar eine bessere formale Bildung als andere adelige Frauen, doch konzentrierte sich dies meist auf Sprachen: Christine von Schweden lernte zusätzlich noch weitere Sprachen, sodaß (sic) erstaunt berichtet wurde, sie spräche lateinisch, deutsch, französisch, italienisch, holländisch und griechisch und habe Kenntnisse des Hebräischen und Arabischen. In Staatskunde oder Ökonomie wurden sie allerdings nicht unterrichtet, im Gegensatz zu den potentiellen männlichen Herrschern. Fast alle von ihnen eigneten sich daher unermüdlich weiteres Wissen an und bemühten sich, im Vergleich mit den anerkannten männlichen Geistesgrößen ihrer Zeit zu brillieren. (...)

Fussenegger korrigiert auch die allgemeine Ansicht, daß je höher ein Mensch hierarchisch steht, desto größer auch seine Freiheiten seien. Die Herrscherinnen und andere Frauen ihrer Schicht waren jedoch massiven Zwängen ausgesetzt, denen sie sich zu unterwerfen hatten, wenngleich sie in der einen oder anderen Sache durchaus gegen die an sie gerichteten Erwartungen rebellierten. Unsterbliche Mythen ranken sich schließlich nicht um Herrscherinnen, sondern um jene Frauen, die sich machtlos gaben, wie etwa Elisabeth von Österreich. Die Flucht vor Verpflichtungen scheint attraktiver zu sein, weil Herrschen doch mit der traditionellen Frauenrolle im Widerspruch steht. Zumal Herrscherinnen auch machtpolitisch aktiv waren, Kriege führten, Piraterie begünstigten (wie Elisabeth I.), Gegner ermorden ließen und Leibeigenschaft wie Folter duldeten. (...)

 

1991 Elisabeth

Bilder von Elisabeth Singer. Innsbruck/Wien, Tyrolia 1991, 2. Auflage 1993

 

1992 Martin

Bilder von Elisabeth Singer. Innsbruck/Wien, Tyrolia 1992

 

1993 Tobias

Mit Bildern von Susanne Redl. Innsbruck/Wien, Tyrolia 1993

 

1993 Hullahdapullah, der böse Zwerg. Ein Märchen aus Indien

Mit Illustrationen von Hilde Heyduck-Huth. Mödling, St. Gabriel 1993

 

1993 Rede an die Jugend

Weilheim, Hefte zur Literatur 1993

 

1994 Daniel

Illustrationen von Susanne Redl. Innsbruck/Wien, Tyrolia 1994

 

1995 Jirschi oder Die Flucht ins Pianino

Roman. Graz/Wien/Köln, Styria 1995, 2. Auflage 1996

 

1996 Christophorus

Illustrationen von Annegret Fuchshuber. Innsbruck/Wien, Tyrolia 1996

 

1996 Das große Gertrud Fussenegger Hausbuch

Wien, Tosa 1996

 

1996 Ein Spiel ums andere. Erzählungen

Stuttgart, Quell 1996

 

1998 Goethe - sein Leben für Kinder erzählt

München, Lenz 2. Auflage 1999

Das Buch wurde im September 1999 von einer 26-köpfigen Jury im Auftrag des Deutschlandfunks unter die besten 7 Bücher für junge Leser in Deutschland, Österreich und der Schweiz eingereiht.

Am 07.08.1999 veröffentlichte die F.A.Z. eine Rezension von Lothar Müller mit dem Titel: Da muß er durch - Märchen oder Schulfunkstunde: Goethe für Kinder. Wenn Sie eine Rezension zu diesem Buch lesen möchten, wenden Sie sich bitte per E-Mail an Frau Alexandra Maria Linder:

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In der Tageszeitung "Dolomiten" ist eine weitere Besprechung von Eugen Thurner erschienen:

Eine überaus erfreuliche Erscheinung ist das Buch von G. Fussenegger.....Die große Dichterin macht es sich zur Aufgabe, den Lebensweg Goethes vom ungewöhnlichen Knaben bis zum Dichter des "Faust" dialogmäßig und bilderreich vor den Augen einer lauschenden Schaft von Kindern ablaufen zu lassen. Das kann nur eine Erzählerin machen, die bis in alle Einzelheiten von Werk und Leben des Dichters unterrichtet ist. Die Kunst aber besteht in der Umsetzung dieses Wissens. Und das ist G. Fussenegger ausgezeichnet gelungen. Sie tritt ihren jungen Lesern nicht als Lehrerin mit erhobenem Zeigefinger entgegen, die nur zu vermitteln, hat, was sie schon längst weiß. Vielmehr nimmt sie den Standpunkt der Kinder ein, gestaltet, indem sie ihrer Neugier folgt, und hält fest, was des steten Erstaunens würdig ist. So schafft sie eine Atmosphäre, in der Geben und Nehmen fast zu gleichen Teilen aufgeteilt sind. Was sie in den Kindern erwecken will, ist Anteil, ist Teilnahme am Leben und Schaffen eines ganz Großen, der aber nicht in unnahbarer Ferne thront, sondern ganz unmittelbar in das Leben der jungen Menschen eingreift, indem er sie ergreift, so daß sein Leben zu ihrem Leben wird, groß, herrlich - und dennoch nah und vertraut. Die Größe, in der der Dichter den kindlichen Augen erscheint, wird nicht zur Last, sondern zur Aufgabe, in der "täglichen Dienste ehrlicher Bewahrung" den eigenen Lebenssinn zu finden.

 

1998 Grenzüberschreitungen

Festschrift für Gertrud Fussenegger, hg. v. Kroll, Frank-Lothar, Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen; München, Langen Müller 1998

In diesem Sammelband finden sich Bekenntnisse zu der Schriftstellerin ebenso wie Essays über ihre Werke, Anmerkungen zu ihrer Biographie und Auszüge aus ihrem reichhaltigen literarischen Schaffen.

Leseprobe (Rede von György Sebestyén anläßlich ihres Geburtstages 1987):

Gertrud Fussenegger, eine halbe Alemannin, verbrachte die ersten Jahrzehnte ihres Lebens in Böhmen, in Galizien, in Vorarlberg, in Bayern: in jener Mitte Europas, die den Spannungen der Zeit am stärksten ausgesetzt war. Die Kräfte des Auseinanderstrebens wirkten hier ebenso heftig wie die Versuche, Einheit und Ordnung im Überschwang einer deutschen Diktatur wiederherzustellen. Was aber war wirklich Ordnung? Das Alte? Das Neue? War das Neue, der nationale Sozialismus, zu begrüßen oder zu bekämpfen? Die Antwort lag im Gesetz des Humanen. Im Rückblick schreibt Gertrud Fussenegger: "Alles, was ich an Literatur hervorgebracht habe, umkreist im Grunde ein Thema: die Spannung zwischen Ordnung und Unordnung, Gesetz und Chaos." Wer so denkt, kennt das Maß. Voraussetzung seiner geistigen Haltung, die die mörderische Dialektik der Zeit nicht umgeht, sondern durch Darstellung zu überwinden trachtet, ist die Überzeugung und noch mehr der Glaube an die Existenz einer begreifbaren und erreichbaren Ordnung wenigstens der ästhetischen Form. In den Begriffen "Ordnung" und "Gesetz" tritt ein Ideal zutage, das sich zu den Moden der Zeit etwa in der Art verhält wie das Strahlen der Sonne zum Licht der Scheinwerfer, die man nach Belieben ein- und ausschalten kann.

In seiner Rezension schreibt Peter Kraft (10.12.1999):

Reiches Lebenswerk einer großen Frau

Unter dem Titel "Grenzüberschreitungen" ist, leider schon verspätet, im Vorjahr zum Fünfundachtziger der Autorin, bei Langen Müller in München eine Gertrud Fussenegger gewidmete Festschrift erschienen, deren allgemeingültiger Lebensgang und Werk nach vielen Seiten ausleuchtender Gehalt eine vom Erscheinungszeitpunkt unabhängige, genaue Betrachtung verdient.

Herausgeber ist der, an der Universität Erlangen Neue und Neueste Geschichte lehrende, Privatdozent Frank-Lothar Kroll. Diesem ist nicht nur eine gültige Analyse von Lebensgeschichte und Schaffenseigenart der Schriftstellerin Gertrud Fussenegger, einer absolvierten Germanistin und Historikerin, gelungen, wobei auf Interview-Praxis und genauem Werk-Studium aufgebaut wird; Kroll hat darüber hinaus auch eine beachtliche Gruppe von Persönlichkeiten aus dem wissenschaftlich-kulturellen und literarischen Bereich zu treffsicheren und niveauvollen Beiträgen in dem fast fünfhundertseitigen Band versammeln können.

Die Titelgebung spielt auf Gertrud Fusseneggers altösterreichische Pilsener Herkunft jenseits und diesseits heutiger Grenzen an, denn der weitere Lebensverlauf der Autorin schloß Tirol, Bayern und Südtirol als Schicksalslandschaften einer Vorarlberger Herkunft vom Vater her mit ein.

Die menschliche Wertschätzung, das literarische Ernstnehmen von Gertrud Fussenegger ist aus einer Grußadresse von Altbundespräsident Rudolf Kirchschläger ebenso wie aus einem Vortrag des ehemaligen Bayerischen Staatsministers für Unterricht und Kultus, auch Professor an der Universität München, Hans Maier, abzulesen. Pointierte Würdigungen stammen von dem Religionsphilosophen Schalom Ben-Chorin, Jerusalem; von Dieter Borchmeyer, Universität Heidelberg; Herbert Kessler, Präsident der Humboldt-Gesellschaft Mannheim; Hartmut Laufhütte, Universität Passau; Joel Pottier, Universität Limoges; Werner Ross, Universität München; Hans Rüdiger Schwab, Universität Münster; Egon Schwarz, Washington University St. Louis, und Erika Tunner, Universität Paris. Auch der Leiter des Linzer Adalbert Stifter Institutes des Landes Oberösterreich, Johann Lachinger, steuerte mit einer Abhandlung über "Dimensionen des Historischen" im Werk der Jubilarin eine aufschlußreiche Arbeit bei. Weitere Beiträge, durchaus von Gewicht und Diskussionsrang, liefern Friedrich Denk, Publizist aus Weilheim; Erich Jooß, Geschäftsführender Direktor des St. Michaelsbundes, München; Helmut Salfinger, Germanist aus Linz, und Barbara von Wulffen, Stockdorf.

Als geistige Zeugen für die Jubilarin stehen neben den Wissenschaftern vor allem so prominente und ernstzunehmende literarische Weggefährten wie Rainer Kunze und, leider schon verstorbenen, Manès Sperber, György Sebestyen und Hilde Spiel; die letzteren zwei waren durch eine enge und aufrichtige Freundschaft mit der Schriftstellerin Fussenegger verbunden.

Umgekehrt hat die Jubilarin nicht nur diesen Personen, sondern auch wesentlich jüngeren ihre Sympathie zugewendet und mitunter war sie auch an deren Werkaufschließung für die Literaturszene in Oberösterreich nachdrücklich mitbeteiligt. Das Interview im Buch zitiert dazu Namen wie Herbert Rosendorfer, Christoph Ransmayr und Evelyn Grill.

Der Herausgeber hat den Band in drei große Teile gegliedert: Geht es im ersten um Gratulationsadressen und Würdigungen der Jubilarin, die bereits in die Analyse des Werks hineinführen, auch am Beispiel bestimmter Einzelinterpretationen, so folgt in Teil Zwei ein ausgewählter Querschnitt mit Proben aus dem Gesamtwerk selbst, unterteilt in Autobiographisches, Roman- und Erzählungsauszüge sowie Beispiele aus dem Bereich des Essays und der Lyrik, bis in die jüngste Vergangenheit herauf. Im dritten Teil wird dann mittels eines großen Interviews, das Frank-Lothar Kroll führte, Resümee gezogen. Eine Bibliographie des Erzählwerkes, mit bis 1996 mehr als sechzig Titeln und ein Register der am Band beteiligten Autoren und Autorinnen schließen sich komplettierend an.

Gerade aus dem Essay-Teil wird auch deutlich, daß Gertrud Fussenegger, eine scharfe Beobachterin und gewandte Kommentatorin, sich unbeirrt gegenüber einem sie geflissentlich ausgrenzenden Establishment des gegenwärtigen literarischen Zeitgeistes behauptet. Ihre Position auf dem Boden einer christlich geprägten Geschichtsphilosophie, mit ehrlicher Aufarbeitung eigener politischer Irrtümer der Vergangenheit, bekräftigt das. Man erkennt, daß sie in einer Reihe mit heute aus der Tradition verdrängten Namen, wie Reinhold Schneider oder Edzard Schaper, steht.

Die Vitalität der couragierten großen alten Dame der oberösterreichischen Literaturszene ist ungebrochen, gerade auch jetzt, da die Veröffentlichung zweier Werke nahe bevorsteht...

(=> Goethe für Kinder und Shakespeares Töchter, Anm. d. Red.)

Auch die Deutsche Tagespost (13.02.1999) beschäftigte sich mit diesem Buch:

(...)Die zweite Hälfte der Festschrift bringt eine glückliche Auswahl aus dem Werk Fusseneggers. Autobiographisches, so das Kapitel "Onkel Roderich" aus dem ergreifenden Lebensbericht "Ein Spiegelbild mit Feuersäule", Erzählungen, Essays und Lyrik, auch viele bisher ungekannte Arbeiten wie das köstliche Einleitungskapitel des noch nicht veröffentlichten Fortsetzungsbandes zum Roman "Das Haus der dunklen Krüge": "Der Familienausflug". Erhellend sind ihre kritischen Erwägungen zum Werk Adalbert Stifters, und zum Werk Ernst Jünger, lesenswert ihr beim Aschermittwoch der Künstler gehaltener Vortrag "Der Dichter und sein Gott", der mit Fragen an die Kirche und an die Literatur endet. (...)

 

1999 Shakespeares Töchter

München, dtv 1999

Inhalt: Mit drei Frauengestalten aus Shakespeares Stücken beschäftigen sich die drei Novellen: die eine ist Jessica, die verwöhnte Tochter des Kaufmanns Schalam (Shylock) von Venedig, die ein trauriges Schicksal erfährt, als sie sich in einen venezianischen Gecken verliebt, der ihr die Konversion und die Ehe verspricht. Die zweite ist eine fiktive Schwester der Julia namens Anna aus Romeo und Julia, die den Schatten ihrer großen Schwester auch Jahre nach den blutigen Ereignissen in ihrer Familie nicht abschütteln kann. Schließlich eine Schauspielerin, die ihr Leben lang Ophelia aus Hamlet verkörperte und mit dieser Figur so verwachsen ist, daß sie sich am Ende ihres Lebens in einem Zustand der Verwirrung selbst für Ophelia hält; sie zieht ein Résumé ihrer lebenslangen Beziehung zu Hamlet.

Leseprobe:

Die Tage vergingen, und jeder Tag war mir, als ob ich angekettet wäre in einem Flammengarten.

Er kam nicht zu mir, er fragte nicht nach mir. Dann aber geschah es, daß er mit seinen Kumpanen quer über den Hof auf mich zuschritt - geradenwegs. Doch schien er mich erst im letzten Augenblick zu erkennen. Er griff mich bei der Hand und hielt mich fest, dann lehnte er sich zurück, so lang sein Arm war, und sagte: "Sieh da, Ophelia! Sie lebt noch immer. - Nun, wie befindet sich das Fräulein im Staate Dänemark?" - Ich wußte nicht, was diese Frage sollte...da drehte er mich um zu seinen Kumpanen und rief: "Ist sie nicht doch ein niedlich Kind? - Sie wars, die ich einmal zu meiner Königin machen wollte." Und lachte dabei - und alle lachten mit, als wäre das der größte Spaß. Ein Mann darf ein Mädchen kränken. Wer nimmt ihm das übel? - Doch wenn er sich selbst zum Narren macht, dann - dann stutzt die Welt.

Die Rezension aus "Die Zeit" (09.12.1999) lautet wie folgt:

Leider darf die Rezension aufgrund von Lizenzrechtlichen Bestimmungen nicht mehr veröffentlicht werden.

Wenn Sie eine Rezension zu diesem Buch lesen möchten, wenden Sie sich bitte per E-Mail an Frau Alexandra Maria Linder:

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